eight minutes after

„Wenn das Ohr sprechen könnte, würde es sagen: Ich kann nicht sehen“

Erinnerungsliteratur und Gedächtnisliteratur als Erzählmuster Ein Film welcher sich mit der Frage der Erinnerungskultur auseinandersetzen will, ist immer eine Interpretation der Vergangenheit, eine Narration von historischen Ereignissen. Es setzt immer ein künstlerische Form der Auseinandersetzung voraus der Vergangenheitsbezug entsteht durch die Zeugnisse welche aus der Vergangenheit vorliegen und selbige eine Differenz zum „heute“ aufweisen. Im Gegensatz zur wissenschaftlichen Geschichtlichen Aufarbeitung eines historischen Ereignisses erzählt der Dokumentarfilm nicht das werden sondern zwangsläufig immer eine Geschichte des „geworden seins“. Das spezifische Moment beim Film spricht also immer eine Sprache der eigenen subjektiven Erinnerung welch durch die Notwendige Bildkomposition als festgelegt wird. Der Duktus, als auch der Charakter einer Erinnerung wird durch die jeweilige Kultur eines Landes geprägt, was zu einer Verwässerung einer Objektiven Darstellung bzw. Vermittlung führt. Erinnerungskultur besitzt also immer einen postnationalen medial geprägten Charakter. Ähnliches gilt auch für die Topografie einer in die Landschaft eingeschriebenen Geschichte. Bombenkrater werden mit Betonaufgefüllt und Städte darauf errichtet, die Natur überwuchert das KZ bis seine Grenzen aus Stacheldraht und Mauern nicht mehr sichtbar sind. Daraus lässt sich die unbedingte Notwendigkeit ableiten sich permanent mit  historischen Ereignissen zu konfrontieren und sie zu reflektieren, da sie ansonsten drohen in Vergessenheit zu geraten. Es gilt die eigenen Erinnerungen auf den Prüfstand zu stellen und bestehende Gesellschaft’s geprägte Medienreflexive Muster zu hinterfragen. Es geht um die Dringlichkeit einer Überführung von individuellen Erfahrungen und Erinnerungen in ein Langzeitgedächtnis.

Eight Minutes After

  1. Juni 2007, Suburbs of Bagdad, Irak – Guncam Video

Musik: Luigi Nono „Contrapunto dialettico Alla Mente

Entlang des Fadenkreuzes im dokumentarischen Filmmaterial einer „Guncam” ergeben sich vier Quadranten, die im Video isoliert betrachtet werden. Das sich so ergebende Raster rekurriert auf die Unterteilung einer archäologischen Ausgrabungsstätte.

Der analytische Zugriff dekonstruiert das Gesamtbild und ordnet die einzelnen Ausschnitte in zeitlicher Folge an. Jedes einzelne Bild wird erneut abgefilmt und damit mit einer neuen Textur versehen – jeder Zugriff verfremdet das Ausgangsbild weiter, das schließlich nur noch nur als Sediment sichtbar bleibt. Die verschiedenen Schichten überlagern sich und verhindern, dass das Bild als Ganzes rekonstruiert werden kann. Die Fragmentisierung lässt eine narrative Deutung nicht mehr ohne weiteres zu. Jeder Bildausschnitt erzählt seine eigene Geschichte.

Der fehlende Zusammenhang der Bilder wird durch die musikalische Unterlegung mit Nonos Stück „Contrapunto dialettico Alla Mente” substituiert. Die echoartigen Stimmen in seiner Komposition scheinen aus der Vergangenheit herüberzuschallen. Im Vexierspiel zwischen Bild und Ton ergibt sich eine Wahrheit, die über den dokumentarischen Charakter des Ausgangsbildes hinausgeht.

Konzeption & Video: Aron Kitzig