Lausitzfestival 2021 DOK

Eine Annäherung von Aron Kitzig
Den Auftakt des Abends bildet Sciarrino mit „Lo spazio inverso“, gefolgt von drei Sätzen aus Olivier Messiaens „Quatuor pour la fin du temps“. Abgerundet wird der Abend von Sir Peter Maxwell Davies’ Kurzoper Eight Songs for a Mad King. Die Entstehungsgeschichte von „Quatuor pour la fin du temps“ stellt einen einzigartigen geografischen und historischen Bezug zur Region Lausitz her und erinnert gleichermaßen an die damalige politische Situation: Messiaen finalisierte das Quartett 1941 als Insasse des deutschen Kriegsgefangenenlagers Stalag VIIIA in Görlitz.
Sir Peter Maxwell Davies’ Eight Songs for a Mad King
Ein Monodrama für einen Sänger. Das Stück wirkt wie ein Anti-Monument für den fortschreitenden Wahnsinn von König George III. Er will sich in einer Welt frei bewegen, in der die Grundbedingungen für Freiheit nicht gegeben sind. George löst sich aus den Abhängigkeiten, den normativen Vorstellungen einer Gesellschaft und gibt sich ganz dem Irrationalen, seiner unbändigen Stimme hin. Durch die Entscheidung, auf seine Stimme zu vertrauen und nicht zu schweigen, wie ihm angeraten wird, verunmöglicht er es, sich aus seinem Gefängnis zu befreien. Aber er nutzt dieses Moment seiner furiosen, andauernden Klangschauer und erzeugt so die Dringlichkeit eines eigenen, neuen Möglichkeitsraums. Mit dem Versuch, seinen Vögeln (die Musiker stellen hier die Vögel dar) das Singen beizubringen, sammelt er neue Erfahrungen des Scheiterns, ohne jedoch von seinem Vorhaben abzulassen. Scheinbar entrückt lässt er sein Handeln durch seine Stimme motivieren. Dieser Machtkampf zwischen Körper und Klang erzeugt eine innere Spaltung und lässt das Narrativ, das Logische, hinter sich.
Im Vorfeld der Aufführung wurden Interviews mit vier ehemaligen

Gefangenen des politischen Gefängnisses Bautzen II geführt. Die Fragestellung war, inwieweit Traum und Wahnsinn beieinanderliegen und welche Strategien erforderlich sind, um der Tristesse während einer Isolationsgefangenschaft entgegenzutreten. Der Inszenierungsansatz sieht vor, die zwei Stränge – den der Eight Songs for a Mad King und den der Gespräche mit den ehemaligen politischen Gefangenen – miteinander zu verflechten. Das „Haus des Schweigens“ soll nie wieder in seiner Funktion als Gefängnis geführt werden können, es muss als Mahnmal erhalten bleiben, in dem auf lebendige Art das Erinnern zur Kultur wird.